Ich bin ursprünglich Pferdezüchter. In der Pferdezucht ist es normal und üblich, gelungene Paarungen zu wiederholen. Dort ist es ein alter Hut, dass „Überflieger“ x „Überflieger“ selten zu Mega-Überflieger führt. Statt dessen guckt man sich an, aus welcher Kombination man das erhoffte Resultat bekommen hat. Soweit beide Eltern noch verfügbar sind, wird man also dieser Passerpaarung treu bleiben. Mit Tieren, die zu diesen eng verwandt sind, wird man versuchen, einen ähnlichen Erfolg zu erzielen. In der Pferdezucht ist nicht vergessen, dass das eigentliche Zuchtziel das bestmögliche Pferd für den Käufer ist. Warum sollte ein Züchter den Hengst wechseln, wenn er eben dies wiederholbar erreicht hat; denn nur das ist eine Passerpaarung, die auch reproduzierbar ist. Warum sollte er aus reiner Neugier den Hengst wechseln, vielleicht noch den erprobten Althengst gegen eine gänzlich unbeschriebenes Blatt von Junghengst? Natürlich dürfen aus solch einer Paarung nicht zu viele Tiere in die Zucht gehen, damit nicht insgesamt der Genpool verengt wird, aber natürlich auch nich gar nichts.
Übrigens kann man den gleichen Grundsatz auch in dem Buch ABC der Hundezucht von Ingrid Seupel (ein DDR-Buch) nachlesen.
Es gilt der Grundsatz, dass gute Zuchttiere in einer auf den Käufer (hier den Reiter) ausgerichteten Zucht von allein anfallen. Erst bei der nächsten Generation wird der nächste Zuchtschritt geplant. Anders ist es natürlich, wenn eine Paarung so gar nicht passt und die Tiere keine Käufer finden. Dann muß neu geplant werden.
Warum sollte man in der Katzenzucht anders verfahren?
Dennoch hört man immer wieder, man solle keine Paarung wiederholen und genau das praktizieren auch viele.
Warum? Erst nach der zweiten oder dritten gleichen Paarung und das möglichst mit mehreren Katzen weiß ich, was mein Kater zu vererben vermag. Probehalber kann man nach 2-3 Würfen nach dem gleichen Kater auch einen anderen erproben. Dann weiß man auch, was die Mutter mitgibt.
Ganz wichtiger positiver Effekt bei der Nutzung eines Zuchtkaters über viele Jahre: Irgendwann habe ich die größtmögliche Sicherheit, dass er z.B. wirklich keine HCM hat und auch sonst nichts problmatisches vererbt. Irgendwann habe ich dann einen Zuchtstamm, von dem ich recht sicher bin, was er vererbt und ich kann, nachdem das Fundament gebaut ist, beruhigt darauf weiter die eigene Zucht aufbauen. Das gilt ebenso natürlich für die Zuchtkätzinnen, die aus gleichem Grunde nicht nach 1-2 Würfen ausgetauscht werden sollten. Kaufe ich immer wieder neu ein und nehme die Tiere frühzeitig aus der Zucht, weiß ich gar nichts.
Das ist Lotto – kein züchten.
Wäre man ganz böse, könnte man sogar Absicht unterstellen, denn passiert mit der Nachzucht beim neuen Besitzer was (z.B. HCM), kann man seine Häde in Unschuld waschen, denn man hat ja nichts gewußt. Einjährig geschallt sind ja glücklicherweise so gut wie alle Tiere HCM-frei. Man kann ganz ungeniert weiter dem eigenen Schönheitsideal nachjagen oder der Traumfarbe.
Aber die ganze Sache hat natürlich auch noch eine andere Seite. Schließlich züchten wir keine Schweine, wobei gesagt sei, dass die Schweinezüchter natürlich ebenso den gleichen Zuchtstrategien wie die Pferdezüchter folgen, denn auch ihr Zuchtziel heißt nicht „öfter mal was Neues“ und damit erreichte Ziele wieder zunichte machen.
Aber natürlich haben die es leichter: wenn sich der Eber nicht als der Überflieger erweist. Dann kommt er eben in die Wurst.
Aber an seinem Kater und seinen Kätzinnen hängt der Züchter hoffentlich auch mit dem Herzen. Die entsorgt man nicht einfach.
Und nicht zu vergessen: Den, der seinen Linien treu bleibt, kann natürlich der Supergau treffen: Nämlich wenn im 7. Lebensjahr der bis dato HCM-freie Stammkater oder die Stammkatze plötzlich doch HCM entwickeln. Dann ist die ganze Zucht in Frage gestellt.
Die Zuchtstrategie des schnellen Wechsels hat solche Probleme nicht. Dort gilt: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.