FIP ist eine Infektionskrankheit Teil II

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Züchtermärchen:

Der Durchseuchungsgrad mit dem Coronavirus in Zuchten liegt bei ca. 80%.
Neuzüchtern ist das Problem in der Regel überhaupt nicht bewusst.
Mit viel Freude haben sie ihre ersten Zuchtkatzen gekauft, mit Gesundheitszeugnis natürlich. Die Katzen sind auch gesund und munter, die Zucht läuft gut an, die ersten Würfe kommen zur Welt, wachsen auf, ziehen zu glücklichen neuen Besitzern. Alles ist gut.
– Bis den Jungzüchter eines Tages ein verzweifelter  Anruf erreicht:
Cäsar, gerade 6 Monate alt hat FIP und wird sterben.
Der Tierarzt, der Cäsar behandelt, sagte Cäsars’ Besitzerin, dass dies (die FIP) offensichtlich etwas war, das Cäsar vom Züchter mitgebracht haben muss.
Der Jungzüchter ist wie vor den Kopf geschlagen. Seine Katzen sind doch gesund? Er recherchiert über die Krankheit.
Können seine Zuchtkatzen die Krankheit dennoch in sich tragen? Werden sie auch sterben? Wird Carla sterben, das Schwesterchen, das mit Cäsar zusammen ausgezogen ist?  Kann sie die Katzen irgendwie testen? Sollte sie sie voneinander separieren? Ist FIP gar erblich?
Unser Jungzüchter ruft die Züchter seiner Katzen an.  Er will wissen, ob er seine Zuchtkatzen womöglich schon infiziert gekauft hat.
Aber alle Züchter, die der Jungzüchter anruft, wiegeln ab:

  • Alle Züchter erklären ihm, dass praktisch alle Katzen das Coronavirus hätten.
    Stimmt nicht:
    In Zuchten sind es ca. 80%, bei Freigängern nur ca. 10%. Woher kommt dieser Unterschied? – Raten Sie mal.
  • Alle Züchter erklären ihm, dass das Coronavirus doch völlig harmlos wäre, allenfalls bei Erstinfektion leichten Durchfall auslöse und folglich eine Infektion kein Mangel wäre. Das Coronavirus gehöre heute quasi zur Grundausstattung einer Katze und es würden doch nur 5 % aller infizierten Katzen FIP entwickeln.
    Wie man eine Infektion, an der eine von 10-15 infizierten Katzen stirbt, für harmlos erklären kann, muss mir mal jemand erklären.(Medikamente sind noch immer nur über den #schwarzmarkt beziehbar, nicht über Tierärzte)
  • Das normale Coronavirus löse keine FIP aus, sondern nur eine bestimmte Mutation, die in der Katze entstehe. Das passiere aber nur manchmal.
    Stimmt:
    Aber ehrlich. Das ist mir als trauerndem Besitzer doch egal. Fakt ist, dass eine nicht mit dem Coronavirus infizierte Katze keine FIP bekommen kann, eine infizierte aber schon. Auch, wenn es nur einige trifft.
  • Die Coronainfektion wäre eine Art Kinderkrankheit. Je früher die Kitten infiziert würden desto besser. Sie hätten dann Antikörper, die sie lebenslang schützen würden.
    Stimmt leider nicht.
    Anders als z.B. durchgemachte Masern bei Menschen, hinterlässt eine überwundene Coronainfektion keine lebenslange Immunität, sondern nur für wenige Monate. Dann bauen sich die Antikörper im Blut wieder ab, sichtbar am fallenden Antikörpertiter. Die Katze kann sich erneut infizieren.Und was ist überhaupt mit den Kitten, die nicht mit der Infektion fertig werden?
    Unvermeidbare Kolateralschäden? Die meisten Katzen sterben  in Folge der Erstinfektion an FIP. Das Immunsystem der Kitten ist noch  nicht ganz ausgereift. Zudem wird es stark belastet durch Impfungen, Umzug, Kastration.
    Aber das passiert ja dann nicht im Züchterhaushalt, sondern erst beim neuen Besitzer. Wie beruhigend.
  • Titermessungen im Züchterhaushalt?
    Wozu?
    Es hätten ja sowieso alle Katzen einen Titer.
    Stimmt nicht. Siehe oben.
  •  Die Höhe des Titers wäre unerheblich und sage gar nichts aus.
    Stimmt nicht.
    Die Höhe des Titers gibt Anhaltspunkte, ob die Katze gerade eine akute Virämie durchmacht und mit welcher Wahrscheinlichkeit sie infektiös ist.
    Bei einem Titer über 1:100 muss man mit Virusausscheidung rechnen. Bei einem Titer von 1:400 und höher ist Virusausscheidung sicher. Das bedeutet nicht, dass diese Katzen jemals an FIP erkranken werden. Sie stecken aber Jungtiere im Züchterhaushalt an und sind die Ursache, dass Kitten schon mit dieser Belastung ins neue Zuhause ziehen. Ausscheider gehören nicht in einen Zuchtbestand. Nur als  Mittel zur Diagnose FIP ist der AK-Titer aber in der Tat ungeeignet.
  • Auch Katzen mit negativem Titer könnten Virusträger sein, also wozu testen?

     
    Stimmt nicht.
    In einer Zucht testen wir klinisch gesunde Katzen. Eine gesunde Katze mit negativem Titer ist kein Virusträger .
    – einzige Ausnahme: Sie hat sich gerade erst infiziert und befindet sich noch in der Inkubationsphase.
    Ansonsten kann nur eine totkranke Katze im Endstadium einer FIP-Erkrankung  ausnahmsweise einer negativen oder sehr niedrigen Titer haben, weil alle Antikörper bereits gebunden sind. Aber diese Katze ist dann schon länger und erkennbar schwer krank und hatte zuvor einen hohen Antikörpertiter.
    Das Testen macht also durchaus, auch und gerade in Zuchten Sinn.
  • Es wäre sowieso sinnlos, seine Zucht coronafrei zu bekommen, weil man sich das Virus jederzeit an den Schuhen wieder in die Wohnung tragen könne.
    Stimmt nicht:
    Die Coronainfektion  wird hauptsächlich über den Kot infizierter Katzen übertragen. Freigänger sind aber recht selten infiziert und Katzen kacken anders als Hunde nicht auf Gehwege, sondern vergraben ihren Kot.
    Corona trägt sich Züchter gewöhnlich mit dem Kauf einer infizierten Katze in seine Zucht.

Unser Jungzüchter erfährt natürlich nur die Antworten der Züchterkollegen. E ist jetzt etwas beruhigter: Er kann nichts dafür. Dennoch wird er aus Betroffenheit Cäsars Besitzern kostenfrei ein Ersatzkitten geben. Sollte Cäsars Besitzer seinerseits ein Jungzüchter sein, wird er ihm das erzählen, was er von seinen Züchterkollegen erfahren hat.

Warum ist das so? Weil die Mehrheit der Züchter sich mit dem „Wissen“ begnügen, das sie von anderen Züchtern aufgeschnappt haben.
Andere recherchieren zwar, doch das Kind ist längst in den Brunnen gefallen. Auch sie haben versäumt, beim Aufbau ihrer Zucht neue Katzen zu testen und nur bzw. erst dann in den Bestand aufzunehmen, wenn sie coronafrei sind. Die Vogel-Strauß-Politik ist jetzt ihre Möglichkeit, das Problem zu verdrängen.

Unsere Geschichte geht aber noch weiter:
Die stille Post der Züchter hat weitergetragen, dass unser Jungzüchter einen FIP-Fall hatte. Nun ist die Botschaft auch bei Züchtern angekommen, von denen unser Jungzüchter keine Zuchtkatze gekauft hat, die, warum auch immer, unserem Neuzüchter und den Züchtern seiner Zuchtkatzen nicht gewogen sind.
Was die tratschen, wird irgend wann auch unserem Neuzüchter zugetragen:

  • Das wäre ja kein Wunder, bei DEN Linien, mit denen DER züchte. Da hätte es ja schon öfter FIP gegeben.
  • Manche Katzen bzw. ganze Linien würden die Disposition zu FIP vererben.
    Stimmt so nicht:
    Ob das Coronavirus bei seiner Vermehrung mutiert oder nicht, ist purer Zufall. Lediglich kann ein schwaches Immunsystem die Virusvermehrung an sich begünstigen.
    Das Immunsystem ist nicht von irgend einem Vorfahren ererbt, sondern einerseits das Ergebnis der Vielfalt der genetischen Ausstattung oder ungünstigsten Falls genetischer Verengung, andererseits der aktuellen Belastung.
    So kann man durch kluge Verpaarungen von Tieren die miteinander wenig verwandt sind und gute Aufzucht, Haltung und Gesunderhaltung der Katzen dafür sorgen, dass ihr Immunsystem mit einer Coronainfektion  schnell fertig wird und so das Risiko senken, aber dennoch kann auch eine planvoll gezüchtete, gut aufgezogene Katze Pech haben und FIP bekommen. und nicht vergessen: Auch eine schwache, kränkliche Katze bekommt kein FIP, wenn sie sich nicht zuvor mit dem Coronavirus infiziert hätte. Es stimmt aber offensichtlich, dass stark ingezüchtete Katzen anfälliger für FIP sind. Beispiele dafür sind Heilige Birmas und unter den Wildkatzen Geparden, deren Linien auf wenige Tiere zurück gehen. die körpereigene Abwehr solcher Tiere hat einfach auf Grund der schmalen genetischen Ausstattung weniger Reaktionsmöglichkeiten.

Unser Neuzüchter hat jetzt zwei Möglichkeiten:
a) Er läßt sich davon nicht beeindrucken, weil er zumindest begriffen hat, dass FIP keine Erbkrankheit ist, oder
b) er wendet sich nach dem Motto „Haltet den Dieb“ nun seinerseits gegen die Züchter seiner Katzen. Günstigsten Falls wechselt er einfach seine Zuchtkatzen aus – leider wieder, ohne beim Neukauf auf Corona zu testen, denn es waren ja die schlechten „Gene“ schuld.

So schließt sich der Teufelskreis.

Und jetzt? – Der Weg zu einer coronavirusfreien Zucht
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